Acht Goldene Einhörner beim
34. ALPINALE Kurzfilmfestival verliehen
34. ALPINALE Kurzfilmfestival verliehen
– Israel rockt die ALPINALE, gleich zwei Filme ausgezeichnet
– Kurzfilme unter Sternen lockten viele Gäste und Filmfans nach Nenzing
Eine Woche lang waren fabelhafte Kurzfilme beim 34. ALPINALE Kurzfilmfestival in Nenzing zu sehen. Über 20 Filmschaffende aus Österreich und aller Welt nutzten die Gelegenheit, um persönlich ihre Filme bei der ALPINALE vorzustellen und sich mit anderen Filmemacher_innen zu vernetzen. Die Organisatoren können auf eine sehr erfolgreiche ALPINALE-Woche zurückblicken. Etwa 1000 Besucher hatten das Vergnügen, 34 handverlesene Kurzfilme auf der großen Leinwand zu bewundern. Am Samstag wurden die besten Filme mit dem „Goldenen Einhorn” prämiert.
Dieses Jahr wurden gleich drei Filme ausgezeichnet, in denen die Regisseur_innen gleichzeitig auch die Hauptrolle spielten. Die Goldenen Einhörner gehen dieses Jahr an Filmemacher_innen aus Israel, Großbritannien, Kanada und Österreich. Auch eine deutsch-türkische Koproduktion wurde ausgezeichnet.
(Siehe Preisträger & Jurybegründungen)
Die internationale Jury setzte sich zusammen aus Zora Rux, einer Filmemacherin aus Berlin, der aus dem Burgenland stammenden Schauspielerin Simone Fuith, bekannt aus SOKO Donau, Christoph Rainer, dem österreichischen Filmemacher und Leiter des Shortynale Filmfestivals, und den zwei irischen Filmemachern Vincent Lambe und Darren Mahon, die mit ihrem Kurzfilm DETAINMENT letztes Jahr sowohl auf der ALPINALE gewürdigt wurden, als auch für einen Oscar nominiert waren. Die fünf Juroren verliehen am Samstag Goldene Einhörner in den Kategorien „International”, „Hochschule”, „Animation”, „Preis der Jury” und „v-shorts”. Außerdem prämierten die Besucher_innen die beliebtesten Filme in den zwei Kategorien „Publikum” und „Kinderfilm”. Zusätzlich wurde dem Gewinner der letztjährigen „ALPINALE Horrorkurzfilmnacht” ein Blutiges Einhorn überreicht.
Der Nenzinger Bürgermeister Florian Kasseroler lobte bereits am Eröffnungsabend das engagierte Organisationsteam der ALPINALE und dankte Festivalintendantin Manuela Mylonas. Ein Team von über 60 Aktiven engagiert sich das ganze Jahr über ehrenamtlich für das Kurzfilm- und Kinderfilmfestival. Im Vorfeld des Festivals wurden insgesamt rund 1000 Filme aus 60 Ländern gesichtet und – passend zur 34. Ausgabe des Festivals – 34 vielfältige Kurzfilme ausgewählt.
Nächstes Jahr steht mit der 35. Auflage des Festivals ein besonderes Jubiläum an. Dann heißt es von 11. bis 15. August 2020 wieder: Film ab für regionale und internationale Kurzfilme.
Die angereisten Preisträger konnten das Goldene Einhorn in Empfang nehmen: Tuna Kaptan (Hörst du, Mutter?), Albert Meisl (Die Schwingen des Geistes), Aleeza Chanowitz (Shabbos Kallah), Rupert Höller (1 + 1 = 1), Omri Dekel-Kadosh (Portrait of my family in my 13th year) und Matthias Halibrand (Der Hund bellt).
(Bildnachweis: Anna Salcher/ALPINALE)
Die Preisträger
Bester Kurzfilm in der Kategorie v-shorts: 1 + 1 = 1
1 + 1 = 1 von Rupert Höller überzeugte die Jury als beste regionale Produktion in der Kategorie „v-shorts” und erhielt neben der “v-shorts”-Filmklappe ein Preisgeld in Höhe von 500 Euro, gesponsert vom Filmwerk Vorarlberg. Der Student der Filmakademie zeigt in atmosphärischen Bildern, wie eine schlaflose Nacht verschiedenste Erinnerungen hochleben lässt. Gedreht wurde unter anderem in Boxershorts im November am Lünersee.
Bester Kurzfilm International: HÖRST DU, MUTTER?
Unglaublich, aber wahr: Eine kurdische Mutter ist wegen Terrorunterstützung zu sechs Jahren Hausarrest verurteilt worden. Sie soll ihrem Sohn, einem mutmaßlichen PKKMitglied, Pullover gestrickt und geschickt haben. Ab sofort muss sie eine Fußfessel tragen und eine unsichtbare Grenze, die sie nicht überschreiten darf, verläuft durch ihren Garten. Die berührende, auf wahren Tatsachen beruhende Geschichte wurde vor Ort in der Türkei gedreht. Immer wieder überschreitet die Mutter die Grenze, was den im selben Haus lebenden älteren Sohn in eine schwierige Position bringt. Unter zehn Produktionen, die im Wettbewerb gezeigt wurden, konnte sich der aus München stammende Filmemacher Tuna Kaptan in der Kategorie „Bester Kurzfilm International” durchsetzen.
Bester Kurzfilm Animation: INANIMATE
Lucia Bulgheroni zeigt den geordneten Alltag von Katrine: Job, Partner, Freunde, Wohnung. Alles normal soweit – bis ihr Leben buchstäblich zusammenbricht und sich alles aufzulösen scheint. Durch einen Perspektivenwechsel ergibt sich ein interessanter Twist, der den Film auf eine Metaebene bringt und Katrine zwischen den Welten schweben lässt.
Bester Kurzfilm Hochschule: SHABBOS KALLAH
Die seit acht Jahren in Israel lebende New Yorkerin Aleeza Chanowitz konnte mit ihrem Film SHABBOS KALLAH das Goldene Einhorn in der Kategorie „Bester Kurzfilm Hochschule” gewinnen. Amüsant und provokant zeigt der Film einen persönlichen Einblick in die jüdische Kultur. Am Wochenende vor der Hochzeit ihrer besten Freundin versammeln sich alle Frauen, um der Braut Glückwünsche auszusprechen. Elka, von der Regisseurin selbst gespielt, tut sich schwer mit der Veränderung, die die Hochzeit für ihre Freundschaft bedeutet. Gerade aus Amerika übersiedelt, sorgt sie mit ihrem liberalen Weltbild für Unruhe bei der Feier und nimmt sich kein Blatt vor den Mund, wenn sie ihre Freundin auf ihr Sexualleben vorbereiten will. Inwiefern die Regisseurin sich selbst in ihrer Rolle spielt, ist schwer zu sagen, so die temperamentvolle Israelin, die sich selbst als verwirrt, ungeduldig und spontan am Set bezeichnet.
Preis der Jury: PORTRAIT OF MY FAMILY IN MY 13TH YEAR
Omri Dekel-Kadosh versucht in seinem Film PORTRAIT OF MY FAMILY IN MY 13TH YEAR einen Vorfall in seiner Familie aufzuarbeiten, bei dem sein Hund bei einem Strandausflug ums Leben kam. Er ist gleichzeitig Regisseur und Schauspieler und versucht die Szene von damals nachzustellen. Sein eigener Vater spielt die Hauptrolle in dem Film, erinnert sich jedoch anders an die Geschichte als Omri. Auf verschiedenen Ebenen macht der Film Emotionen spürbar. Der Dreh dieses Films führte zu viel Konflikten zwischen mir und meinem Vater, so Dekel-Kadosh, deshalb gebe ich allen zwei gute Ratschläge: Spiel nie in deinem eigenen Film mit und dreh nie einen Film am Strand. Nichtsdestotrotz macht gerade diese Echtheit den Film PORTRAIT OF MY FAMILY IN MY 13TH YEAR aus und er gewinnt in diesem Jahr den „Preis der Jury”.
Lobende Erwähnung der Jury: DER HUND BELLT
Der Hund der Nachbarin nervt, im Büro immer nur der gleiche Trott: Ein Leben, das zu perfekt ist und Adam zunehmend verzweifeln lässt. Als er bemerkt, dass seine Handlungen keine Konsequenzen nach sich ziehen, wird er immer radikaler. Der österreichische Hochschulfilm DER HUND BELLT ist keine Realitätssuppe und geht über Sozialporno hinaus – so die Beschreibung des bei der ALPINALE anwesenden Matthias Halibrand, der für Kamera, Schnitt und den Titelsong verantwortlich war.
Publikumspreis: DIE SCHWINGEN DES GEISTES
Spannend wie selten zuvor war heuer die Auswertung des Publikumspreises. Insgesamt wurden 5017 Publikumsstimmen von 602 Besuchern ausgezählt. In einer hauchdünnen Entscheidung ging der Publikumspreis an die österreichische Hochschulkomödie DIE SCHWINGEN DES GEISTES von Albert Meisl, der Regisseur und Hauptdarsteller zugleich ist. Erzählt wird die Geschichte von Szabo, einem gescheiterten Musikwissenschaftler, der sich als Heim- und Tierbetreuer um die Wohnung und den Papagei eines Professors kümmert. Als dieser entflieht, beginnt eine abenteuerliche Odyssee durch Wien, um das seltene Tier wieder einzufangen. Es sei ein Film voller skurriler Momente, der Figuren aufeinanderprallen lässt so Albert Meisl.
Kinder-Publikumspreis: AMEISE
Die vierminütige Animation von Julia Ocker kam bei den Kindern am besten an. Fast 40 Prozent der jungen ALPINALE-Besuchern stimmten für den Film, in dem es um eine Ameise geht, die im Gegensatz zu ihren Artgenossen alles irgendwie anders macht.
Bester Kurzfilm Horror: POINT OF VIEW
Am 31. Oktober 2018 fand „Obacht!“, die erste „ALPINALE Horrorkurzfilmnacht“ in der Remise in Bludenz statt. Das Publikum erfreute sich an kurzen Schockern, die es erstmals in Vorarlberg zu sehen gab. POINT OF VIEW, eine stimmungsvolle Fingerübung über unheimliche Vorgänge in der Autopsie, erhielt die meisten Stimmen und wurde im Rahmen des Abschlussabends der heurigen ALPINALE mit einem blutigen Einhorn ausgezeichnet, das im Vorfeld dem Regisseur Justin Harding persönlich überreicht werden konnte.
Die Jury mit den Goldenen Einhörnern:
Zora Rux, Simone Fuith, Christoph Rainer, Vincent Lambe und Darren Mahon
Die Jurybegründungen
KATEGORIE V-SHORTS: 1 + 1 = 1
Der Film nimmt Zuschauer_innen mit auf eine Reise in den Kopf, die Träume und Gedanken des Protagonisten. Auffallend ist das tiefgreifende Verständnis für filmisches Erzählen. Deutlich wird dies vor allem bei der gekonnten Umsetzung der komplexen Szenen und Konzepte. Insgesamt handelt es sich um einen erstaunlichen Film, der diesen Preis wirklich verdient.
KATEGORIE INTERNATIONAL: HÖRST DU, MUTTER?
Der Preis für den besten Internationalen Kurzfilm geht an einen Film, der mit sehr einfachen Mitteln und in nüchternen Bildern eine große Wirkung erzielt. Tuna Kaptan benötigt nicht mehr als einen besorgten Sohn, eine dickköpfige Mutter und ein rotes Knäuel Wolle, um die Unterdrückung der Kurden in der Türkei zu zeigen. Die scheinbar banalen Dialoge sagen dabei genau das, was gesagt werden muss. Hier wird nichts dramatisiert, da die Situation keiner Dramatisierung bedarf. Stattdessen konzentriert sich der Regisseur ganz auf die Absurdität der Situation.
KATEGORIE ANIMATION: INANIMATE
Der Preis für die beste Animation geht an Lucia Bulgheronis Stop Motion Film. Mit eindrucksvollen visuellen Sequenzen nimmt die Animation das Leben der charmanten Protagonistin buchstäblich auseinander. Es offenbart sich ein einzigartiger Blick hinter die Kulissen ihrer Wahrnehmung und Zuschauer_innen finden sich in den Händen ihres Schöpfers wieder. INANIMATE ist eine berührende, aufwühlende Reise, die immer wieder überrascht, verzaubert, und nicht zuletzt auch dazu animiert, genauer zu schauen und tiefer zu blicken.
KATEGORIE HOCHSCHULE: SHABBOS KALLAH
Zwiespältigkeit, Trauer, Freude, Nicht-loslassen-können, sich selbst falsch fühlen – all diese Gefühle vermittelt ein einziger Film. Wenn eine Freundin heiratet, bedeutet das auch Abschiednehmen von einer Lebensphase. Dass das nicht immer leicht ist, zeigt SHABBOS KALLAH auf berührende und humorvolle Weise.
PREIS DER JURY: PORTRAIT OF MY FAMILY IN MY 13TH YEAR
PORTRAIT OF MY FAMILY IN MY 13TH YEAR brachte uns zum Lachen und Augenblicke später wollten wir weinen. Selten stößt man auf einen Film mit einer solch unmittelbaren emotionalen Wirkung. Während der Dreharbeiten einer einfachen Szene werden wir Zeuge einer komplizierten Beziehung zwischen Vater und Sohn. Der Film, eine Geschichte über Familie und die Aufarbeitung der Vergangenheit, berührte uns und ließ uns auch lange, nachdem der Abspann abgelaufen war, nicht los.
SPECIAL MENTION: Der Hund bellt
Wunderschön gedreht, geschrieben und gefilmt. Dieser Film ist sowohl ansprechend als auch witzig. Originell und clever haben die Filmemacher einen wunderbaren und unterhaltsamen Film geschaffen.
Der ALPINALE 2019-Trailer